ST-TOUJOURS (2019)

Kunst+Bau-Projekt von Eva Maria Gisler im Auftrag des Kanton Bern

(Künstlerische Ausführung Sereina Steinemann in Zusammenarbeit mit Eva Maria Gisler)

Wie bei anderen Kunst-und-Bau-Projekten wird das Werk durch eine eingeladene Künstlerin konzipiert, während die Ausführung bei externen Fachleuten und HandwerkerInnen in Auftrag gegeben wird. Statt aber einen Metallbauer oder eine Schreinerin zu beauftragen, habe ich eine weitere Bildende Künstlerin angestellt.

So entsteht ein Spannungsfeld zwischen zeitgenössischer Konzeptkunst und einem traditionelleren handwerklichen Kunstbegriff. Die Trennung der beiden Aspekte eines Kunstwerks und die Verteilung von Konzeption und Ausführung auf zwei verschiedene Personen thematisiert wiederum das Verhältnis von Planung, Verwaltung, Gesellschaft und der täglichen Arbeit. Während ich als Künstlerin das Konzept verantworte, aber abgesehen von der Hängung nicht handwerklich an dessen Ausführung beteiligt bin, tritt Sereina Steinemann als ausführende Malerin auf.

In jedem Raum des Gebäudes, in dem gearbeitet und der somit täglich durch einzelne oder viele Personen frequentiert wird, wird anstelle einer echten Uhr das gemalte Bild einer Uhr aufgehängt. Diese stillen Uhren in Schulzimmern, im Direktionsbüro und in der Küche oder Cafeteria zeigen die Zeit – jedoch nicht die aktuelle Tageszeit, sondern das Phänomen der Zeit an sich – und regen damit einen gedanklichen Prozess an, der seine Wirkung erst mit der Zeit entfaltet. Die einzelnen Bilder – 41 insgesamt für 41 unterschiedliche Räume – sind mit Acrylfarbe auf Baumwolle gemalt und in Grösse, Farbigkeit und Gestaltung individuell. Die Leinwände sind rechteckig und variieren in einem Grössenbereich von 18 bis 52 cm mit jeweils unterschiedlichen Seitenverhältnissen. Platziert sind die Bilder an Stellen, wo normalerweise Uhren in Schulzimmern aufgehängt werden: eher weit oben auf der Wand, oft in der Nähe der Türe, gut sichtbar für alle im Klassenzimmer.

Ergänzt wird dieses subtile Netzwerk in den Innenräumen durch eine grössere gemalte Uhr auf der Gebäudefassade: Integriert in die Struktur der Fassadengetaltung weist das Gebäude an zentraler Stelle über dem Haupteingang eine Relief Rondelle auf, welche nun als Uhr in blau-gelber Farbe gestaltet ist. Diese prominent platzierte Uhr, wie auch die Uhren in den Innenräumen, soll mit ihrer Zeitanzeige Passanten und BesucherInnen aufmerksam machen – nicht auf die aktuelle Tageszeit und des oft damit verbundenen Zeitdrucks, sondern auf das Phänomen Zeit an sich.

Die Schwierigkeit, auch unter Zeitdruck Zeit zu haben und neben der fachgerechten Ausführung von klar umrissenen Aufgaben auch die individuelle Persönlichkeit einzubringen, sind wichtige Bestandteile des Arbeitsalltags im Gesundheits- und Sozialbereich, aber auch in der Lehre.

Darauf nimmt die Anfertigung der 41 Uhrenbilder für die Räumlichkeiten des Ceff Bezug – und schlägt gleichzeitig einen Bogen zur früheren Uhrenmacherindustrie. Sie schafft einen zeitlich befristeten Arbeitsplatz und thematisiert damit in der Serie Aspekte der Arbeit wie Heimarbeit, Routine, Effizienz und Präzision, erzählt aber in der Ausführung der einzelnen Bilder auch vom Wert der immateriellen Arbeit, des menschlichen Faktors, von Sorgfalt und Humor.

In Zusammenarbeit mit MBR Architecture SA und Ivan Mitrovic